Das MODERATIO "World Café"
Notiz 12
Eine "Notiz" von Josef W. Seifert
Wenn man heute „World Café“ hört, denkt man nicht automatisch an das World Café im Londoner Covent Garden, sondern eher an das vor ca. 10 Jahren in den USA entstandene Moderationsdesign, das heute groß in Mode ist. Wir haben es getestet und ..., aber lesen Sie selbst:
... was 1995 an einem verregneten Morgen in Mill Valley in Kalifornien als Zufallslösung begann, ist heute eine beliebte Methode, um in einer entspannten, lockeren Atmosphäre Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. Dabei ist das World Café in aller Regel keine eigene, komplette Veranstaltung, sondern das Design für einen Veranstaltungsteil.
Beim Einstieg in eine Veranstaltung können durch ein World Café Teilnehmer, die sich nicht kennen oder die im Alltag zwar miteinander kommunizieren, sich aber persönlich nie oder nur selten treffen, miteinander mühelos in ein angeregtes, businessrelevantes Gespräch gebracht werden. Diese Menschen arbeiten in aller Regel an unterschiedlichen Orten und / oder zu unterschiedlichen Zeiten für ein und dieselbe Organisation, begegnen sich aber auf Grund räumlicher und / oder zeitlicher Gegebenheiten selten oder nie persönlich. Ziel eines World Cafés ist es dann, die Menschen miteinander in persönlichen Kontakt zu bringen und dadurch – getreu dem Motto: Wenn die persönliche Beziehung stimmt, ist fast alles möglich, und wenn diese nicht stimmt, ist so gut wie nichts möglich – deren (Arbeits-) Beziehungen zu pflegen, vielleicht auch zu verbessern. Was richtig gedacht und im Fall des World Cafés auch richtig gemacht ist!
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Die Hürde, auf jemanden zuzugehen, der einem noch – mehr oder weniger – fremd ist, wird stark reduziert.
- Man muss nicht auf eine „passende Gelegenheit“ warten, um mit jemandem in Kontakt zu kommen.
- Der sonst allgegenwärtige Ergebnisdruck fehlt, es entsteht eher die Atmosphäre eines informellen Gesprächs.
- Gedanken können am Tisch, sozusagen „unter uns“, leichter vorgetragen werden als in der großen Runde.
- Vielredner haben es schwer, zu dominieren. Stille können sich leichter einbringen.
Diese Vorteile lassen sich natürlich nicht nur für den genannten Zweck nutzen.
Ein World Café für Sie?
... eines World Cafés sind folgende Punkte sorgfältig zu klären:
a) Zielsetzung
b) Raum
c) Ablauf & Moderation
d) Abschluss
e) Dokumentation
a) Zielsetzung
Zunächst ist die Frage, was erreicht werden soll, sorgfältig zu bedenken und zu formulieren. So kann ein World Café beispielsweise genutzt werden, um in entspannter Atmosphäre Sichtweisen, Erwartungen, Ideen, ... zur Lösung eines Problems oder zur Gestaltung der Zukunft eines Unternehmens, Verbandes oder einer sonstigen Organisation auszutauschen, auch oder gerade wenn sich die Teilnehmer schon gut (genug) kennen.
Der Bogen der Anwendungsmöglichkeiten ist weit gespannt. So kann ein World Café mit Fragen wie: Wo sehen Sie ungenutzte Märkte? Welche Zielgruppen müssen wir stärker betreuen? Welche Leistungen sollten stärker herausgestellt werden? ... als Auftakt eines Strategie-Workshops dienen.
Es kann Auftakt eines Changeprozesses sein, Follow-up eines Workshops oder auch nur zur Reflexion eines Vortrags eingesetzt werden. Dabei ist ein World Café in aller Regel nicht darauf angelegt, unmittelbar Ergebnisse zu erzielen, Entscheidungen zu treffen oder Maßnahmenpläne zu erarbeiten.
b) Raum
Für ein World Café benötigt man einen hellen Raum mit Tageslicht, der so groß ist, dass er für die Anzahl der Teilnehmer mit zum Beispiel 4er-Tischen eingerichtet werden kann. Dabei soll eine lockere „Caféhaus-Atmosphäre“ entstehen. Unterstützt werden kann dies noch durch leise (!) Musik ...
Die Tische stehen möglichst nicht „in Reih und Glied“, sondern in einem lockeren „Arrangement“. Zudem stehen sie weit genug auseinander, so dass sich die Teilnehmer nicht gegenseitig stören, wenn sie an den Tischen Platz nehmen und miteinander reden. Jeder Tisch ist mit einer weißen Papiertischdecke gedeckt, und wenn es der Platz erlaubt, stehen Blümchen auf jedem Tisch. Es gibt direkt am Tisch – oder alternativ an einer Getränketheke – Kaffee und Tee und Kekse.
Zudem liegen auf den Tischen Moderations-Filzschreiber in unterschiedlichen Farben; je Teilnehmer mindestens ein Stift und gegebenenfalls einige Moderationskarten. In der Mitte des Tisches steht ein „Eiskartenständer“ mit einer Karte, auf der keine Eissorten, sondern sorgfältig vorbereitete Arbeitsfragen formuliert sind.
Das Schaffen einer Caféhaus-Atmosphäre
sorgt für den richtigen Einstieg.
c) Ablauf & Moderation
Wird das World Café zur Gestaltung des Einstiegs genutzt, beginnt es in aller Regel damit, dass jeder Teilnehmer einen „Steckbrief“ von sich anfertigt. Das ist ein „Kurzportrait“ von sich, zum Beispiel auf einem DIN-A4-Blatt, das beim Eintreffen erstellt wird.
Darauf steht dann etwa:
- Name:
- Funktion:
- Dabei seit:
- Meine Stationen in der Organisation bisher:
Diese Fragen müssen natürlich mit den Fragen auf den bereits erwähnten „Eiskarten“ korrespondieren, sprich: Die Fragen auf den Steckbriefen sind Fragen zur Person, die Fragen auf der „Eiskarte“ ergänzen die Fragen auf den Steckbriefen. Wird das World Café hingegen an einer späteren Stelle im Prozess eingesetzt, ändern sich die Fragen gemäß der entsprechenden Zielsetzung. An der Eingangstür zum World Café werden die Teilnehmer gebeten, sich einen Platz an einem der Tische zu wählen. Erwünscht ist dabei in der Regel, dass jeder sich an einen Tisch mit ihm unbekannten oder wenig(er) vertrauten Personen setzt.
Wenn alle einen Platz eingenommen haben, bittet der Moderator die Teilnehmer, an jedem Tisch einen „Gastgeber“ oder „Tischmoderator“ zu wählen. Dieser hat dann die Aufgabe, das Geschehen am Tisch anzuleiten.
Dazu gehört es, darauf zu achten, ...
- dass jeder am Tisch zu Wort kommt.
- dass die Arbeitsfragen „abgearbeitet“ werden.
- dass Gedanken nicht nur verbal ausgetauscht, sondern die Tischdecken als Visualisierungsmedium genutzt und Gedanken, Ideen, Kommentare, ... einfach auf die Tischdecken „gekritzelt“ werden.
- dass, wenn das World Café als Sammelphase gedacht ist und mit den Nennungen später weitergearbeitet werden soll, Themenvorschläge auf die Karten geschrieben werden.
Diese Aufgaben werden bei der Anmoderation dieser Phase erklärt. Unmittelbar danach beginnt die erste Gesprächsrunde. Nach ca. 30 Minuten endet die erste Runde und die Teilnehmer werden gebeten, sich einen anderen Tisch zu suchen – nur der „Gastgeber“ bleibt an „seinem“ Tisch sitzen und darf gespannt sein, wer nun zu ihm kommen wird. Haben sich die neuen Gruppen gefunden, gibt der Tischmoderator einen kurzen Überblick über das, was an seinem Tisch in der letzen Runde diskutiert wurde, und bittet dann die neuen „Gäste“, die Arbeitsfragen zu beantworten ... Nach weiteren 20 bis 30 Minuten findet ein erneuter Tischwechsel statt, der „Gastgeber“ erwartet neue Gäste ... Nach wiederum ca. 30 Minuten geht das World Café – in aller Regel – mit der dritten Runde zu Ende.
Der Tischmoderator hat
unterschiedlichste Aufgaben
d) Abschluss
Der Moderator bittet nun die „Gastgeber“, die Tischdecken Ihres Tisches abzunehmen. Diese werden dann alle nebeneinander an Moderationswände geheftet, wo sie nun von allen Teilnehmern als Abschluss des Cafés besichtigt werden. Alternativ oder zusätzlich geben die Gastgeber die an ihrem Tisch während der Gesprächsrunden beschrifteten Moderationskarten den Moderatoren. Nach der „Vernissage“ der Tischdecke wird dann mit diesen Karten nach der MODERATIOnsMETHODE© weitergearbeitet. Der Moderator setzt dann mit der Gruppe einfach an dieser Stelle des Prozesses mit der „ganz normalen Businessmoderation“ auf. Er hat jetzt ideale Bedingungen, da die Gruppenmitglieder bereits miteinander „warm geworden“ sind.
e) Dokumentation
Die Dokumentation der Veranstaltung wird, wie in der Businessmoderation üblich, per Fotoprotokoll erledigt, das die Teilnehmer in Papierform, als CD oder Download-Link erhalten.
Abschließend sei ein kleiner „Schönheitsfehler“ an diesem Moderationsdesign nicht verschwiegen: Ein World Café bringt einen relativ großen Aufbau und ggf. UmbauAufwand für die Tagungsstätte mit sich, der in einem professionell geführten Haus allerdings zu keinen ernsthaften Schwierigkeiten führen sollte ..., zumal die Vorteile für die viele Mühe entlohnen.
Herzlichst,
Ihr MODERATIO-Team
- Zielsetzung geklärt?
- Teilnehmerkreis bekannt?
- ModeratorIn verpflichtet?
- Räumlichkeiten reserviert?
- Ggf. Umbau organisiert?
- Raumaussattung und Technik klar?
- Kleine (runde) Tische, mit ausreichender Bestuhlung.
- Weiße, glatte Papiertischdecken
- Farbige Moderationsstifte
- ggf. Moderationskarten für jeden Tisch.
- Stände mit Fragen für jeden Tisch.
- ggf. Steckbriefe
- Tassen für die Café-Besucher, Heißgetränke und ggf. Snacks
- Pinnwände für die Gesprächsergebnisse und ggf. Folgearbeit
- Flipcharts
- Moderationskoffer
- Mikrofon für den Moderator
Auch die Nachbereitung
gehört zum World-Café
Herzlichst, Ihr
Josef W. Seifert
© MODERATIO 2014
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